Mroginski: Unsere Hydrogenase hat die spezielle Fähigkeit, dass sie ein Wasserstoff-Molekül aufspalten kann. Normalerweise kommt Wasserstoff immer als Molekül aus zwei Atomen vor. Die Hydrogenase kann deren Verbindung nun auftrennen, wobei zwei einzelne, positiv geladene Wasserstoff-Atome und zwei Elektronen entstehen. Die Hydrogenase kann aber auch die umgekehrte Reaktion ermöglichen, also aus diesen Teilchen wieder ein Wasserstoff-Molekül zusammenbauen.
Lenz: Auf diese Weise hilft die Hydrogenase zum Beispiel manchen Darmbakterien, die bei den chemischen Reaktionen während unserer Verdauung entstehenden, überschüssigen Elektronen loszuwerden. Sie werden von der Hydrogenase zur Bildung von Wasserstoff-Molekülen genutzt. Mit einem Anteil von 20 Prozent ist Wasserstoff hauptverantwortlich dafür, dass unsere Darmgase brennbar sind.
Die Hydrogenase besteht aus 5.000 Atomen. Das müssen ja extrem komplexe Vorgänge sein, die da bei der Spaltung beziehungsweise Bildung von Wasserstoff ablaufen.
Schmidt: Ja, man kann sich die Hydrogenase durchaus wie eine kleine Fabrik vorstellen. Der eigentliche Kern, wo die Spaltung der Wasserstoff-Moleküle stattfindet, liegt tief im Inneren. Das dient dazu, die Reaktion vor aggressivem Sauerstoff zu schützen, der in vielen Organismen vorhanden ist. Es gibt auch kleine Kanäle in dem Molekül, durch die der Wasserstoff an seinen Reaktionsort gelangen kann beziehungsweise von dort fortgeleitet wird.
Was ist nun so spannend an der Hydrogenase? Könnte man sie für die Energiewende nutzen? Immerhin ist Wasserstoff ja ein Energiespeicher.
Lenz: Tatsächlich hat die Hydrogenase mit Energie zu tun, denn sie kann Strom, also Elektronen, sowohl aus Wasserstoff erzeugen wie auch in Form von Wasserstoff speichern. Mit ihr könnte man eine Art biochemischer Brennstoffzelle bauen. Wir selbst arbeiten hauptsächlich in der Grundlagenforschung, um die komplexen Funktionen der Hydrogenase zu entschlüsseln. Diese Erkenntnisse könnten dann von Chemikern genutzt werden, um einfachere Moleküle mit gleicher Funktion herzustellen.