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Litographie des indonesischen Vulkans Krakatau 1883. Vielleicht war es der Ausbruch dieses Vulkans, der - gemeinsam mit anderen -  im 6. Jahrhundert eine Kaltzeit einläutete. (Parker & Coward, Großbritannien)

Litographie des indonesischen Vulkans Krakatau 1883. Vielleicht war es der Ausbruch dieses Vulkans, der - gemeinsam mit anderen - im 6. Jahrhundert eine Kaltzeit einläutete. (Parker & Coward, Großbritannien)

Johnston: Wir erkennen in der Art, wie Literatur beispielsweise Naturkatastrophen verarbeitet, die kulturellen Auswirkungen solcher Katastrophen: wie sehr sie menschliche Vorstellungswelten über ganz lange Zeiträume hinweg prägen können.

Ein Beispiel: Es gab um die Mitte des sechsten Jahrhunderts in rascher Folge große Vulkanausbrüche auf der Erde, wahrscheinlich weit weg von Europa, aber wir wissen nicht, wo. Gewaltige Mengen von vulkanischem Staub wurden in die Atmosphäre geschossen und haben den Himmel auch in Europa für lange Zeit verdunkelt. Das hatte gravierende Auswirkungen, unter anderem auf die religiösen Vorstellungen. In der altgermanischen Religion wird von „Götterdämmerung“ gesprochen. Das ist nicht einfach eine Metapher, sondern die poetische Umsetzung der Erfahrung, dass es lange Zeit nicht richtig hell wurde, dass Kälte und Hunger herrschten! In literarischen Werken, die sich an diese Zeit erinnern, werden auch immer wieder Dinge mit dem Schmelzen von Eis verglichen: Hier ist das Schmelzen von Eis im Gegensatz zu heute – Stichwort: Klimawandel - ein Hoffnungsschimmer, weil man weiß, die Kälte kommt an ein Ende. In der zeitgenössischen erfolgreichen Buch- bzw. TV-Serie „Game of Thrones“ fürchten sich die Figuren vor Wintern, die jahrzehntelang anhalten, auch hier wird mit der Thematik gespielt.

Wir erkennen also eine direkte, vielperspektivische Kommunikation zwischen Problemen der Gegenwart einerseits und zwischen historischen Arten, vergleichbare Probleme zu verhandeln. Letztere schlagen sich auch in der Populärliteratur nieder, und damit in kulturellen Produkten, die ein ganz breites Publikum erreichen.

Wie gehen Sie bei Ihrer Arbeit vor? Wie funktioniert Forschen bei Temporal Communities, zum Beispiel an einem ganz normalen Tag?

Eusterschulte: Entscheidend ist das reichhaltige Studieren von Texten, von Theorien über Texte, und die Auseinandersetzung mit der Medialität dieser Texte, also dem, was diese Texte über Denkansätze und Weltauffassungen vermitteln.

Stellen Sie sich vor, wir sind dabei, einen Aufsatz zu schreiben zu einer Frage, die uns interessiert. Dafür tragen wir den neuesten Stand an Forschungsliteratur zusammen und formulieren dann eine eigene Lesart, ein eigenes Verständnis aus.