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SCIENCE OF INTELLIGENCE: INTELLIGENZ – VON DER BIOLOGIE ZUR ROBOTIK

Ein gestreifter Marlin – Science of Intelligence untersucht das Verhalten von Fischschwärmen, um Prinzipien kollektiver Intelligenz aufzudecken. Mehr dazu im unten verlinkten Interview mit Alicia Burns, Palina Bartashevich und David Mezey.

Ein gestreifter Marlin – Science of Intelligence untersucht das Verhalten von Fischschwärmen, um Prinzipien kollektiver Intelligenz aufzudecken. Mehr dazu im unten verlinkten Interview mit Alicia Burns, Palina Bartashevich und David Mezey.

Die Prinzipien von Intelligenz verstehen

Künstliche Intelligenz hat in rasantem Tempo Einzug in unseren Alltag gehalten – von Sprachassistenten, die auf Zuruf reagieren, bis hin zu Algorithmen, die unsere nächste Lieblingsserie voraussagen. Doch während KI immer tiefer in unser Leben eingreift, bleibt unser Verständnis von Intelligenz selbst noch lückenhaft und reicht nicht aus, um angemessene Antworten auf neue Herausforderungen zu finden.

Im Exzellenzcluster Science of Intelligence (SCIoI) ergründen Forscherinnen und Forscher aus Fachrichtungen wie Informatik, Robotik, Verhaltensbiologie, Psychologie, Philosophie, Neurowissenschaften und Bildungsforschung, welche fundamentalen Prinzipien unterschiedlichen Formen von Intelligenz zu Grunde liegen. Die Forschungsergebnisse helfen dabei, Intelligenz als Ganzes besser zu verstehen und neue intelligente Technologien zu entwickeln, die der Gesellschaft nützlich sein können.

Gemeinsame Sprache über Disziplinen hinweg

SCIoI arbeitet mit einem sogenannten synthetischen Ansatz, bei dem alle Theorien, Erkenntnisse, Konzepte und Methoden in technologische Artefakte, also in künstlich geschaffene Gegenstände wie beispielsweise Roboter oder Computerprogramme, einfließen. Diese Artefakte dienen den Forschenden aus verschiedenen Wissenschaftsbereichen als gemeinsame „Sprache“, die einen Austausch erleichtert.

So werden Forschungsergebnisse überprüft, miteinander verknüpft und weiterentwickelt. Erkenntnisse, die über mehrere Disziplinen hinweg konsistent sind, geben dem Cluster wichtige Hinweise auf die gesuchten Prinzipien von Intelligenz, während Widersprüche zu neuen Fragestellungen führen.

Die Forschenden konzentrieren sich dabei besonders auf Individuelle, Soziale und Kollektive Intelligenz. Hier sind dafür drei Beispiele aus der Forschung von Science of Intelligence!

Kakadu und "Lockboxes" ©Goffin Lab/Thomas Suchaneck

Kakadu und "Lockboxes" ©Goffin Lab/Thomas Suchaneck

Individuelle Intelligenz – oder wie gut kann ein Einzelner Probleme lösen

Stell dir vor, ein Roboter muss ein Rätsel lösen, um aus einem Escape Room zu entkommen. Das Rätsel besteht aus mehreren Teilen, die sich verriegeln können – eine sogenannte "Lockbox". Einige Vögel, wie Kakadus, können lernen, solche als kinematisch bezeichneten Aufgaben zu lösen. So erstaunlich diese Fähigkeit auch ist, die Verhaltensbiologie kann noch immer nicht erklären, was die Vögel zu diesem intelligenten Problemlösungsverhalten befähigt.

Von Kakadus inspirierte Roboter

Im Forschungsprojekt “Intelligent kinematic problem solving” arbeiten Verhaltensbiolog*innen und Robotiker*innen zusammen, um dieses Verhalten zu verstehen und zu erklären. Sie wollen herausfinden, welches Vorwissen und welche Fähigkeiten die Vögel nutzen, um die Lockbox zu knacken.

Dafür entwickeln sie Methoden, um Roboter als Werkzeuge einzusetzen, die die gleichen Rätsel lösen, um das Verhalten der Tiere besser zu erforschen. Indem die Forschenden begreifen, wie Kakadus diese komplexen Probleme lösen, wollen sie die Prinzipien finden, die dem kinematischen Problemlösen im Allgemeinen zugrunde liegen, beispielsweise sensomotorische Fähigkeiten. Dadurch können sowohl das biologische Verhalten besser verstanden als auch die robotischen Systeme optimiert werden.

Kognitionswissenschaftler Jonas Frenkel untersucht, wie die sozialen Interaktionsfähigkeiten von humanoiden Robotern verbessert werden können. ©SCIoI

Kognitionswissenschaftler Jonas Frenkel untersucht, wie die sozialen Interaktionsfähigkeiten von humanoiden Robotern verbessert werden können. ©SCIoI

Soziale Intelligenz – sein Gegenüber verstehen und seine eigene Handlung anpassen

Wie können wir Lernenden effektiv beim Lernen helfen? Studien zeigen, dass soziale Responsivität – die Fähigkeit, auf Signale anderer einzugehen – entscheidend für den Wissenstransfer ist. Lehrkräfte, die gut auf die Signale von Lernenden reagieren, verbessern den Lernprozess erheblich. Allerdings beschränkt sich unser Verständnis sozialer Responsivität oft auf allgemeine Kategorien, wie aktives Zuhören oder Feedback geben. Zu wissen, wie man auf soziale Hinweise reagiert, erleichtert den Wissenstransfer zwischen Menschen und auch zwischen Menschen und künstlichen Systemen wie Robotern.

Künstliche Systeme, die menschliches Verhalten erkennen

Systeme, wie Computer-Lernprogramme oder Lernroboter, die auf soziales menschliches Verhalten reagieren, werden also besser akzeptiert. Oft wird in der Forschung jedoch vernachlässigt, wie solche Systeme in Lernsituationen agieren. Das Projekt "Social responsiveness and its effects on learning in human-human and human-robot interaction" will künstliche Systeme verbessern, die in Lernsituationen soziales Verhalten, durch nonverbale Kommunikation wie Augenkontakt und Gesten, erkennen, darauf reagieren – und dabei selbst lernen. Dafür kombinieren die Forschenden von Science of Intelligence Erkenntnisse aus der Computertechnik und der Bildungspsychologie. Sie analysieren Videoaufnahmen von Lernsituationen, um die Prinzipien sozialer Responsivität zu identifizieren und in künstlichen Systemen anzuwenden.

Ein Schwarm Schwefelmollys ©IGB/Juliane Lukas

Ein Schwarm Schwefelmollys ©IGB/Juliane Lukas

Kollektive Intelligenz – als Gruppe bessere Entscheidungen treffen als alleine

Im Tierreich ist es oft schwierig für das einzelne Individuum, die richtige Entscheidung zu treffen – zum Beispiel ob es sich bei einer Bewegung im Dickicht um einen Räuber handelt und man fliehen sollte, oder ob es doch nur der Wind war und man schön weiter nach Futter suchen kann. In einer Gruppe können solche Entscheidungen viel besser getroffen werden – wie das funktioniert wird zum Beispiel im Projekt "Learning from intelligent swarm behavior" untersucht.

Was wir von tausenden kleiner Fische lernen können

Dieses Projekt untersucht, wie sich kleine Fische in mexikanischen Schwefelquellen gegen Eisvögel und Reiher verteidigen. Die zu Tausenden dort vorkommenden Schwefelmollys sind tagsüber fast immer an der Wasseroberfläche, um zu atmen – was sie für die fischfressenden Vögel eigentlich zur perfekten Beute macht. Eigentlich – denn greift ein Vogel an, tauchen die Mollys in seiner Nähe ab. Das wird von benachbarten Fischen bemerkt, die nun ebenfalls abtauchen. So entsteht eine Kettenreaktion, die wie eine riesige La-Ola-Welle über den ganzen Fischschwarm läuft. Diese Wellen verwirren die Vögel und sie warten länger, bis sie es wieder versuchen. Alleine hätte das kein Fisch geschafft! Ähnliche Wellen kennt man zum Beispiel im Gehirn wenn Nervenimpulse über viele tausend Nervenzellen weitergeleitet werden – es scheint ein universaler Mechanismus dahinter zu stecken.

Willst du mehr über intelligente Strategien von Fischen wissen? Dann lies das Interview mit Alicia Burns, Palina Bartashevich und David Mezey von Science of Intelligence →

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