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Wertvolle Wissensquellen aus der Gesellschaft – Wie in Forschungsprojekten der BUA zivilgesellschaftliche Akteur*innen zu Partner*innen im Erkenntnisprozess werden

Diskussion auf Augenhöhe: Vertreter*innen der Zivilgesellschaft als Partner*innen im Prozess wissenschaftlicher Erkenntnis

Diskussion auf Augenhöhe: Vertreter*innen der Zivilgesellschaft als Partner*innen im Prozess wissenschaftlicher Erkenntnis
Bildquelle: FREIHEIT Gruppe Interdisziplinäre Medienproduktion GmbH

Aktuelle Untersuchungen über Partizipation an Forschung und BUA-geförderte Projekte wie „Beyond Social Cohesion – Global Repertoires of Living Together“ zeigen: In neuen Formen von Wissensproduktion und -vermittlung werden Menschen zu Partner*innen im Prozess der Erkenntnis. Die BUA hat folglich das Thema für die Next Grand Challenge in einem partizipativen Prozess gefunden.

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Wer Wissen schaffen will, kann sich nicht mehr nur in Laboren oder Bibliotheken bewegen. Weitere Wissensressourcen – etwa aus der Berufspraxis oder dem Erfahrungsschatz der Zivilgesellschaft – sind notwendig, um exzellente Forschung zu betreiben. In zahlreichen Projekten der Berlin University Alliance mit den Verbundpartnerinnen Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, Technische Universität Berlin und Charité-Universitätsmedizin Berlin profitieren Wissenschaft und Gesellschaft wechselseitig von Prozessen so genannter „transdisziplinärer Forschung“: Komplexe Fragestellungen werden hier aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet und analysiert und Akteur*innen, die bei gesellschaftlichen Entscheidungs- und Gestaltungsprozessen mitunter zu kurz kommen, erhalten so eine Stimme. Häufig entstehen im gemeinsamen Lernprozess überraschende Lösungen.

Die Berlin University Alliance fördert transdisziplinäre Forschungsprojekte, wie etwa das Projekt „Social cohesion, food and health. Inclusive food system transitions“. Hier untersuchen exzellente Wissenschaftler*innen mit Unterstützung von zivilgesellschaftlichen Vertreter*innen unter anderem Initiativen zum Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten - im Ergebnis mit großem Erfolg. Bei dazugehörigen Konferenzen kommen selbstverständlich Vertreter*innen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft zusammen.

Um Transdisziplinarität, also den Austausch über die Grenzen von Disziplinen und Wissenschaft hinaus, zu fördern, hat die Berlin University Alliance im Rahmen der Oxford Berlin Research Partnership außerdem Akademiker*innen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wie Prof. Dr. Christian Drosten von der Charité-Universitätsmedizin Berlin oder Chris Patten, Kanzler der Universität Oxford und ehemaliger EU-Kommissar sowie die ARD-London-Korrespondentin Annette Dittert ins Gespräch gebracht. Auf einem Symposium in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften im Jahr 2022 diskutierten sie, wie sich in Zeiten von Hate Speech im Internet komplexe Sachverhalte vermitteln lassen. Zudem hat die BUA eigene Kompetenzzentren eingerichtet, um den Austausch über die Grenzen von Disziplinen und Wissenschaft hinaus auch abseits prominent besetzter Podien zu fördern:

Das Expertise and Knowledge Exchange Office (KnEx) vermittelt in Workshops und Vorträgen, wie multilateraler Wissensaustausch auch auf institutioneller Ebene gelingt. Die Research Forums stärken transdisziplinäre Forschung, indem sie in innovativen Formaten neue Methoden transdisziplinärer Forschung erproben. Und in den Experimentallaboren für Wissenschaftskommunikation entwickeln Forschungsgruppen aus Elementen von Theater- oder Gaming-Welt neue Austauschformate für bisher wenig erreichte Zielgruppen. Ihr Ziel: eine Wissenschaftskommunikation entwickeln, die nicht nur Wissen in die Gesellschaft, sondern auch Anliegen aus der Gesellschaft in die Wissenschaft trägt. Denn das ist in einer sich schnell wandelnden Gesellschaft nötig, um wissenschaftlich fundierte und gesellschaftlich akzeptierte Lösungen für globale Herausforderungen zu finden. Für die Berlin University Alliance war deshalb klar: An Auswahl und Umsetzung des nächsten inter- und transdisziplinären Forschungsprogramms, der Next Grand Challenge, sollen Personen und Gruppen aus der Zivilgesellschaft beteiligt werden.

Prof. Dr. Ing. Christine Ahrend erforscht an der Technischen Universität Berlin, wie sich Verkehr ressourcensparend organisieren lässt und hat durch ihre Forschung zum Verkehrssektor gelernt, wie wichtig eine Beteiligung der Zivilgesellschaft an Forschung ist und wie sie gelingen kann. Für die Berlin University Alliance (BUA) brachte sie ihre Erfahrung in der Organisation von Bürgerbeteiligung unter anderem im Sounding Board des Research Forums Global Health ein und trug damit wesentlich zum Erfolg der zweiten BUA Grand Challenge Initiative Global Health bei. Weiterhin engagiert sich Christine Ahrend im Rahmen der BUA im Steering Committee für Knowledge Exchange. Von April 2014 bis März 2022 war sie 1. Vizepräsidentin der Technischen Universität Berlin mit Zuständigkeit für Forschung, Berufungsstrategie und Transfer.

Gemeinsam forschen für eine lebenswerte Zukunft – Wie die Berlin University Alliance die Zivilgesellschaft zum Akteur der Next Grand Challenge macht

Gemeinsam gewichtet: Das Thema der Next Grand Challenge

Gemeinsam gewichtet: Das Thema der Next Grand Challenge
Bildquelle: FREIHEIT Gruppe Interdisziplinäre Medienproduktion GmbH

Wie sehen Ersatzstoffe für Plastik aus? Wie finden wir Wege aus der Biodiversitätskrise? Und was kann ein Baustoff aus Pilzen leisten? Die Berlinerinnen und Berliner haben viele Ideen für exzellente Zukunftsforschung in der Wissenschaftsmetropole Berlin. Im Partizipationsprozess zur Next Grand Challenge wurde der beste bestimmt.

„Dein Thema. Für Berlins Spitzenforschung“: Unter diesem Motto rief die Berlin University Alliance im Juli 2022 die Zivilgesellschaft zum Mitmachen bei der Auswahl der Next Grand Challenge, des nächsten großen Forschungsprogramms des Universitätsverbunds auf. Und viele kamen: Rund 370 Schülerinnen und Schüler, Studierende, Forschende und Akteur*innen aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft erarbeiteten in Ideencamps und Workshops insgesamt 43 Themenvorschläge. Zur Konkretisierung und Abwägung der Themen lud die BUA anschließend alle Beteiligten sowie weitere Akteur*innen aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Verwaltung und Politik, insgesamt knapp 140 Personen zum Next Grand Challenge Forum. Spürbar dort: die Begeisterung junger Menschen für die Wissenschaft, eine vibrierende Atmosphäre voller Vernetzung und Austausch. Und so gilt der partizipative Prozess zur Auswahl der Next Grand Challenge in der BUA als großer Erfolg, denn die Anregungen von Schüler*innen und Studierenden brachten den Wissenschaftler*innen wertvolle neue Perspektiven auf die eigene Forschung.

Das Ergebnis des Next Grand Challenge Forums: fünf starke Themenvorschläge zur Endauswahl im Board of Directors, dem Leitungsgremium der Berlin University Alliance schließlich „Responsible Innovation in Times of Transformation“. Das Forschungsthema der Next Grand Challenge der Berlin University Alliance beschreibt eine der zentralen Aufgaben der Wissenschaft für die kommenden Jahre: Lösungen finden für nachhaltige technische und resiliente soziale Innovationen für eine lebenswerte Zukunft im menschengemachten Klimawandel, im Zeitalter des Anthropozän. Und weil wissenschaftliche Lösungen größere Chancen auf Umsetzung haben, wenn sie gemeinsam mit Betroffenen, mit Akteur*innen aus der Zivilgesellschaft entstehen, werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht alleine an der Next Grand Challenge arbeiten, sondern Wissen und Erfahrungen aus der Zivilgesellschaft einbeziehen, um tatsächlich „Responsible Innovation in Times of Transformation“ zu schaffen. So werden also Bürgerinnen und Bürger, NGOs und die Berliner Verwaltungen aktiv am Forschungsprozess beteiligt. Starke Forschungspartnerschaften pflegen die Partnerinnen der BUA darüber hinaus mit den in der Wissenschaftsmetropole Berlin prominent vertretenen außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie Leibniz-Gemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft und Fraunhofer-Gesellschaft. Sie alle werden zum Gelingen der Next Grand Challenge beitragen und sich passgenau vernetzen, um gemeinsam Antworten auf die großen globalen Herausforderungen des Anthropozäns zu finden – unterstützt von Expert*innen aus der Berlin University Alliance und ihrem integrierten Forschungsraum. Expertinnen wie Prof. Dr. Ing. Christine Ahrend, die sich als Fachfrau für integrierte Verkehrsplanung schon seit langem mit Bürgerbeteiligung beschäftigt und im Interview erklärt, wie Beteiligung an Wissenschaft gelingt.

„Es macht einen großen Unterschied, ob ein Schüler seine Perspektive zu einem Thema einbringt oder eine Professorin“

Diskussion – ein wichtiges Element transdisziplinären Austauschs

Diskussion – ein wichtiges Element transdisziplinären Austauschs
Bildquelle: FREIHEIT Gruppe Interdisziplinäre Medienproduktion GmbH

Prof. Dr.-Ing. Christine Ahrend leitet an der Technischen Universität Berlin das Fachgebiet Integrierte Verkehrsplanung. Als Expertin für transdisziplinäre Forschung bringt sie ihr Wissen im Steering Committee für „Knowledge Exchange“ der BUA ein, um den gegenseitigen Austausch von Wissen aus den Wissenschaften und verschiedenen Bereichen der Gesellschaft zu fördern. Gemeinsam mit dem BUA-Team des Schwerpunkts Focusing on Grand Challenges und „Fostering Knowledge Exchange“ ist das Konzept für die partizipative Themenfindung der Next Grand Challenge entwickelt worden.

Frau Prof. Ahrend, wir beobachten, dass die Zahl der Beteiligungsformate zwischen Wissenschaft und Zivilgesellschaft wächst. Warum ist das Wissen der Zivilgesellschaft wichtig für die Forschung?

Die Zusammenarbeit von Gesellschaft und Wissenschaft bezeichnet man als transdisziplinären Forschungsmodus. In den wissenschaftlichen Disziplinen haben wir eine enorme Tiefe an Fachwissen erreicht, doch dieses Fachwissen allein reicht nicht aus, um die drängenden Herausforderungen unserer Zeit, wie Klimawandel, Digitalisierung oder globale Gesundheit, zu bewältigen.  Diese Herausforderungen verlangen zusätzlich konkretes Praxis- und Handlungswissen, um gesellschaftliche Veränderungen zu ermöglichen. Transdisziplinäre Forschung setzt genau dort an. Sie ermöglicht sowohl wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn als auch umsetzungsorientierte Problemlösungen, indem sie wissenschaftliche und gesellschaftliche Akteur*innen an einen Tisch bringt. Gemeinsam bestimmen sie, was das Erkenntnisproblem ist, formulieren Forschungsfragen und vereinbaren, wie sie zusammenarbeiten, um zu neuen Erkenntnissen und konkreten Lösungen zu gelangen. Transdisziplinarität ist damit mehr als punktuelle Bürgerbeteiligung in Forschungsprojekten, es ist ein neues Verständnis über den Umgang mit Wissen und das Treffen von Entscheidungen.

Was passiert, wenn Wissenschaft auf die Berliner Stadtgesellschaft trifft?

Im Themenfindungsprozess der Next Grand Challenge konnten wir das gut beobachten. Es macht einen großen Unterschied, ob ein Schüler seine Perspektive zu einem Thema einbringt oder eine Professorin, die schon seit Jahrzehnten in ihrer Disziplin forscht. Das Wissen der beiden fußt auf unterschiedlichen Vorerfahrungen, was das eine nicht weniger wertvoll als das andere macht. Forschung darf nicht abgekapselt von der Stadtgesellschaft in ihrem Elfenbeinturm arbeiten, sondern muss aktiv andere Blickwinkel einbeziehen. Von vielen Akteur*innen aus der Zivilgesellschaft haben wir die Rückmeldung erhalten, wie sehr sie sich darüber freuen gehört zu werden und ihre Perspektive einzubringen, auf Augenhöhe mit echten Wissenschaftler*innen. Viele Wissenschaftler*innen fanden wiederum die Perspektiven der gesellschaftlichen Akteur*innen bereichernd. Beide Seiten profitieren von diesem Austausch.

Partizipation ist kein Selbstläufer. Wie bringt man Menschen dazu, sich zu beteiligen?

Oft bereits, indem man grundsätzlich die Relevanz ihrer Perspektive anerkennt und begrüßt. Viele Personen fragen sich, inwiefern sie überhaupt etwas Wertvolles beisteuern können. Es ist wichtig, den Personen den Wert ihres Erfahrungswissens aus der Praxis zu zeigen und warum sie damit einen Impact in zukünftige Forschung haben können. Viele freuen sich darüber, ganz besonders Jugendliche, die das Gefühl haben, von der älteren Generation zu wenig gehört zu werden. Deshalb war der Jugendbeteiligungsprozess der Next Grand Challenge auch so wichtig, weil wir der Jugend Gehör verschaffen konnten, im direkten Austausch mit Wissenschaftler*innen auf Augenhöhe. Für andere Menschen, aus zum Beispiel der organisierten Zivilgesellschaft, geht es zusätzlich darum, neue Kontakte zu knüpfen, etwa für zukünftige Projekte oder ähnliches. Prinzipiell gilt in jedem Partizipationsprozess immer: Hemmnisse zur Beteiligung müssen gering gehalten werden. Deshalb haben wir zum Beispiel für die Jugendlichen eine Aufwandsentschädigung ausgezahlt, wie es auch bei anderen Partizipationsprozessen üblich ist. Jugendliche mit Nebenjob müssen so nicht finanziell darunter leiden, dass sie ihre Freizeit opfern und dann an diesem Tag nicht arbeiten können. 

Wann ist transdisziplinäre Forschung erfolgreich?

Transdisziplinäre Forschung ist dann erfolgreich, wenn das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen der Stadtgesellschaft und Wissenschaftler*innen dazu führt, dass auch das Wissen aus der Stadtgesellschaft einen tatsächlichen Impact auf die Forschung und damit Problemlösungen unserer Zeit hat. Beteiligung nur der Beteiligung willen bringt uns als Gesellschaft nicht voran, da die beteiligten Akteur*innen frustriert darüber sind, dass sie ihre Zeit investiert haben, aber keine direkten Auswirkungen spüren. Deshalb ist es so wichtig, allen Beteiligten immer wieder zu erklären, wie gewinnbringend der gegenseitige Austausch sein kann – und dann die geweckten Erfahrungen auch mit tatsächlichem Handeln zu erfüllen.

Transdisziplinäre Forschung

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