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Ein faszinierender Tanz aus Fakten und Fantasie

Unsichtbares sichtbar machen, Neugier wecken, neue Perspektiven schaffen – das war die Aufgabe von Liam Schnell, NAOWAO und Robin Lochmann bei der Gestaltung der Kampagnenmotive für DAS OFFENE WISSENSLABOR. Mit ihrer 3D-Kunst rücken sie die Wissenschaft ins Rampenlicht und verwandeln Forschungsobjekte in gigantische Wahrzeichen im Berliner Stadtbild.

Der kreative Prozess war geprägt von einem intensiven Austausch mit den Forschenden der Berliner Exzellenzcluster und FU Berlin, HU Berlin, TU Berlin und der Charité – von der Auswahl der Objekte über die 3D-Umsetzung bis hin zur finalen Animation. Dieser Dialog zwischen den Künstler*innen und den Wissenschaftler*innen war spannend und inspirierend. Im Interview teilen Liam, NAO und Robin ihre Erfahrungen, sprechen über die Herausforderungen, denen sie begegnet sind, und erzählen, warum sie die Wissenschaftskommunikation so begeistert.

Lieber Liam, liebe NAO, lieber Robin, danke, dass ihr zu unserem Projekt beigetragen habt. Was war an der Aufgabe besonders spannend – vielleicht gerade für euch als 3D-Artists?

NAO: Dieses Projekt als 3D-Künstlerin in Angriff zu nehmen, war intellektuell eine ziemliche Herausforderung. Es ist eine Kunst, den Spagat zwischen kreativem Ausdruck und wissenschaftlicher Genauigkeit zu meistern. Wenn man gewohnt ist, seiner Kreativität freien Lauf zu lassen, kann sich die plötzliche Verpflichtung zu wissenschaftlicher Präzision sehr einschränkend anfühlen. Aber als ich tiefer ins Projekt eingestiegen bin, fand ich es unglaublich anregend: Ich war gezwungen, anders zu denken und kreative Lösungen innerhalb der Grenzen der wissenschaftlichen Fakten zu entwickeln.

Liam: Sehr bereichernd an der Aufgabe war der Austausch mit den Exzellenzclustern. In der 3D-Kunst ist es leicht, sich in den endlosen Möglichkeiten der Visualisierung zu verlieren. Daher war es umso interessanter, von den Wissenschaftler*innen konkrete Wünsche und Vorstellungen zu der Visualisierung mir bisher unbekannter Themengebieten zu erhalten. Auch, um mich selbst weiterbilden zu können, sei es im Gespräch oder in der Besichtigung einzelner Elemente, um diese dann in 3D nachzubauen.

Welche Herausforderungen gibt es bei der künstlerischen Übersetzung komplexer wissenschaftlicher Konzepte? Gab es ein bestimmtes Artwork im Projekt, das für euch besonders herausfordernd oder bedeutsam war?

Robin: Bei der Visualisierung einer wissenschaftlichen Idee wie einer molekularen Reaktion gibt es nicht viel Referenzmaterial dazu, wie sich die Elemente genau bewegen. Es liegt also am Künstler, einen Weg zu finden, eine komplexe Idee erst zu verstehen und diese dann auch visuell interessant und ästhetisch umzusetzen. Mein Lieblingsmotiv ist die Collage auf der Nationalgalerie für den Exzellenzcluster Temporal Communities, weil sie locker und verspielter sein durfte.

NAO: Am Anfang habe ich künstlerisch vielleicht etwas zu viel gewagt – komplexe Konzepte laden dazu ein. Bei der Arbeit mit der Zelle hat es dann Klick gemacht: Es ist für mich der perfekte Mix aus abstrakter Kunst und mikrobiologischen Strukturen geworden. Das Eintauchen in die zellbiologische Forschung wurde zu einem überraschenden Vergnügen und hat meine Faszination für die mikroskopische Welt neu entfacht.

Liam: Bei der Arbeit mit wissenschaftlichen Inhalten ist es eine Herausforderung, das Fachwissen gerade genug herunterzubrechen und bestehende Eigenschaften so zu überhöhen, dass daraus ein ebenso verständliches wie ästhetisches Werk entsteht. Besonders hervorheben würde ich das Octapatch-Mikroskop: die Umwandlung des Octapatch zu einem schwebenden und überdimensionierten raumschiffartigen Gebilde trifft diese Überhöhung für mich und trotzdem bleibt erkennbar, dass es sich um einen wissenschaftlichen Kontext handelt.

Wie wichtig ist die Rolle der Kunst in der Wissenschaftskommunikation?

Robin: Ich denke, dass Kunst die Dinge erklären kann, wo Worte nicht ausreichen. Für viele Menschen kann eine visuelle Darstellung einer komplexen Idee dabei helfen, ihr Verständnis zu vertiefen. Kunst kann eine Hilfe beim Erlernen und Verstehen des Unsichtbaren sein.

Liam: Die Kunst hat hier für mich zwei wichtige Aufgaben: Zum einen, die Möglichkeit der Präsentation und Interpretation von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Themen. Zum anderen die Möglichkeit der Reflektion von Themen in Bezug auf unsere Gesellschaft.

Wie könnte unser Miteinander unter Einbezug neuer Technologien und Erkenntnisse aussehen, welche Utopien oder Dystopien sind denkbar? Diese Fragen werden durch Kunst alleine zwar nicht beantwortet, sind so aber einer breiteren Masse zugänglich. 

NAO: Wir schaffen neue Zugänge für Menschen, die sich mit komplexen Ideen auseinandersetzen wollen. Wenn wir wissenschaftliche Prinzipien visualisieren, übersetzen wir sie im Grunde in eine universelle Sprache, die sie für jeden zugänglicher und interessanter macht.

Habt ihr andere Projekte im Bereich Wissenschaftskommunikation gemacht?

Liam: Vor einigen Jahren habe ich an einem Projekt für die Förderung des Technologiepark Adlershof als Forschungs- und Arbeitsplatz gearbeitet. Auch dort war die Präsentation mir vorher unbekannter Technologien und Ansätze eine bereichernde Aufgabe.

Die Kampagne "Science World – We can explain" ist mir dabei besonders im Kopf geblieben: die Verknüpfung von Alltagsobjekten und wissenschaftlichen Fakten wurde sehr ansprechend präsentiert.

NAO: Ich arbeite mit Vorführungen für Planetarien und denke mir für meine Kunstprojekte Wesen aus der Biologie aus. Dabei bin ich immer wieder beeindruckt von der Symbiose zwischen wissenschaftlichem Wissen und künstlerischer Interpretation. Es ist ein faszinierender Tanz aus Fakten und Fantasie, der mich immer wieder inspiriert.

Liam, Nao und Robin, danke für das Gespräch!