Herr Prof. Stoll, das Fachgebiet Raumfahrttechnik der TU bringt noch in diesem Jahr den 30. Satelliten in den Orbit. Woher kommt die besondere Kompetenz der TU Berlin in der Satellitenforschung?
Enrico Stoll: Die TU Berlin begann schon früh, vor rund 30 Jahren, Satelliten zu bauen und in den Weltraum zu bringen, um Technologien unter realistischen Bedingungen zu erproben und weiterzuentwickeln. Durch den Bau kleinerer und kostengünstigerer Einheiten wird es für Universitäten leichter, Satellitenforschung zu betreiben. Aber die Miniaturisierung der Technik ist auch eine große Herausforderung: manche Satelliten haben nur eine Kantenlänge von etwa zehn mal zehn Zentimetern und wiegen unter einem Kilogramm.
Welche Vorteile haben sie gegenüber großen Satelliten?
Stoll: Ein Vorteil ist die Verteilung des Equipments auf mehrere Einheiten. Wenn ein Zwei-Tonnen-Satellit mit vielen Messinstrumenten fehlerhaft arbeitet oder sogar ganz ausfällt, ist der Schaden groß. Von den kleinen Satelliten hat man dann immer noch funktionierende im Orbit. Außerdem erhält man durch die Menge der Satelliten Bilder der beobachteten Fläche auf der Erde in größerer räumlicher und zeitlicher Auflösung. Denn jeder Satellit aus dem Schwarm nimmt ja aus einer anderen Position und mit zeitlichem Versatz auf.
Welches Fachwissen braucht man, um diese komplexen Missionen zu planen oder Satelliten, Roboter und Rover für den Weltraum zu bauen?
Stoll: Unser Team aus Wissenschaftler*innen, Studierenden und Partnern ist sehr interdisziplinär aufgestellt. Da wird Elektrotechnik gebraucht, Informatik, aber auch Mathematik, Physik oder Materialforschung, sogar Fabrikplanung – und natürlich Raumfahrttechnik. Studierende arbeiten oft im Rahmen ihrer Abschlussarbeiten bereits an den Missionen mit. Sie werden mit ihrer Expertise anschließend nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch in der Industrie mit Kusshand genommen.