Rückblick BUA Open Space #4: Materialien der Zukunft - Innovation für Bauen, Architektur und Stadtentwicklung
Neue und neuartig benutzte Materialien sind mehr als technische Innovationen – sie sind der Schlüssel zu zukunftsfähiger Architektur, nachhaltiger Stadtentwicklung und klima- und ressourcenschonendem Bauen.
Am 19. Februar 2025 drehte sich bei der vierten Ausgabe der Salonreihe BUA Open Spaces alles um dieses Thema. Mit dabei waren Prof. Dr. Claudia Mareis (Co-Sprecherin des Exzellenzclusters Matters of Activity), die international renommierte Architektin Prof. Dr. Anupama Kundoo (Anupama Kundoo architects, TU Berlin) und Regula Lüscher (Architektin, Stadtplanerin und ehemalige Senatsbaudirektorin in Berlin).
Der Veranstaltungsort hätte kaum passender sein können: Im Fluglotsentower des ehemaligen Flughafens Tempelhof, mit seiner markanten Architektur und dem weitläufigen Tempelhofer Feld als Kulisse, waren die Themen des Abends – Bauen, Architektur, Stadtplanung – unmittelbar spürbar.
"Welches Material hast Du uns heute mitgebracht?"
Mit dieser Frage eröffnete Moderator Mads Pankow die Gesprächsrunde – denn jede der drei Panelistinnen hatte ein Material dabei, das ihren Zugang zur Thematik widerspiegelt.
Claudia Mareis brachte ein Stück Holz mit und nutzte es als Einstieg, um über die Arbeit des Exzellenzclusters Matters of Activity zu sprechen. „Unsere Forschenden sehen Materialien als etwas Aktives, Anpassungsfähiges – das ist spannend, entspricht aber nicht der heutzutage gängigen Vorstellung von "guten" Materialien. Die sollen möglichst stabil und unveränderlich sein. Diese Denkweise wollen wir hinterfragen.“
Bauen mit dem, was da ist
Fasern, Ziegelsteine und Ferrozement sind Materialien, mit denen die in Indien geborene Architektin Anupama Kundoo arbeitet und die sie auch im Fluglotsenturm zeigte. In ihren Projekten und als Professorin an der TU Berlin setzt sie auf nachhaltiges Bauen. Wichtig war ihr eine Klarstellung: „In westlichen Ländern werden traditionelle und lokale Materialien oft verwechselt. Alles, was braun und organisch aussieht, gilt hier als alt oder urtümlich. Dabei geht es nicht um Nostalgie, sondern darum, lokal verfügbare Ressourcen kreativ zu nutzen.“
Sprache als Baumaterial
Regula Lüscher brachte kein physisches Material mit – sondern Worte. „Um Organisationen, Denkweisen und Führungskulturen zu verändern, müssen wir viel reden!“ Die Schweizer Architektin und ehemalige Senatsbaudirektorin von Berlin kennt die Herausforderungen innovativen Bauens genau. „In der Verwaltung gibt es keine Toleranz für Fehler, weil sie Politikerinnen und Politikern den Kopf kosten können. Das macht es schwer, dort neue Materialien und nachhaltige Ansätze zu erproben.“
Muschelkalk, Bauhaus Box und die Zukunft der Materialien
Vor und nach dem Paneltalk bot sich den Gästen die Gelegenheit, aktuelle Materialforschung zu erleben. Von einer Wolkeninstallation über Biokeramik aus Muschelkalk bis hin zu Modulen aus Käferholz – Forschende des Exzellenzclusters Matters of Activity präsentierten eine beeindruckende Vielfalt an innovativen Materialien. Auch das Team von Anupama Kundoo brachte zahlreiche Anschauungsobjekte mit und ließ die Besucher*innen in die Welt experimenteller Bauweisen eintauchen.
Ein weiterer Partner der Veranstaltung war Bauhaus Earth. In der Bauhaus Box wurden zukunftsweisende Materialien aus Projekten des Marienpark Lab vorgestellt.
Material und Kultur
Im Laufe des Abends rückte immer wieder die enge Verbindung zwischen Materialien und kulturellen Praktiken in den Fokus der Diskussion. „Eine Materie, aus der man Dinge machen kann“, bot Anupama Kundoo als eine Definition des Begriffs Material an und betonte die untrennbare Verbindung zwischen Material und Handwerk. Claudia Mareis widersetzte sich einer festen Definition und betrachtete Materialien als „Boundary Object“ – als Berührungspunkte, an denen Menschen, Ideen und Prozesse aufeinandertreffen. Regula Lüscher ergänzte: Materialien seien nie nur ein Ding, sondern immer kulturell aufgeladen: Für manche steht Beton für modernes Bauen, andere empfinden ihn als kalt und abweisend.
Jenseits des Materialfetischs
Nicht nur in diesem Punkt waren sich die drei Panelistinnen einig: Das eine revolutionäre Material, das alle Probleme löst, wird es nicht geben. Jedes Material hat seine Grenzen – was an einem Ort funktioniert, kann anderswo scheitern. Vielleicht sollten wir den Fokus deshalb erweitern: Wie nutzen wir vorhandene Materialien besser? Oder wie können wir Stadtplanung so denken, dass wir weniger Raum verbrauchen? Fragen wie diese bieten reichlich Gesprächsstoff für kommende BUA Open Spaces.
Wir bedanken uns bei allen Gästen und Beitragenden!
Die beteiligten Forschenden von Matters of Activity: Pelin Asa, Dimitra Almpani-Lekka, Maja Avnat, Bastian Beyer, Heidi Jalkh and Angie Dub, Johanna Hehemeyer-Cürten, Natalija Miodragović, Iva Rešetar, Christiane Sauer, Maxie Schneider, Charlett Wenig und Clemens Winkler.