Wissenschaft und Demokratie – ein gutes Team
Ein Grund zum Feiern: Das Grundgesetz wird in diesem Jahr 75 Jahre alt. Das 1949 verabschiedete Werk regelt und sichert die Grundlagen unserer Demokratie – von den Grundrechten der Bürger*innen über die Organisation und Funktionen des Staates bis hin zum Verteidigungsfall. Auch die Freiheit der Wissenschaft ist im Grundgesetz festgelegt. In Artikel 5 heißt es: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.“
Im Berliner Exzellenzverbund widmen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus vielen unterschiedlichen Perspektiven Fragen der Demokratie. Welche Gefahren gibt es für unsere liberale Demokratie? Wie können wir das gesellschaftliche Miteinander stärken? Und welche Rolle spielt die Wissenschaftsfreiheit für geflüchtete und gefährdete Forscher*innen aus anderen Ländern? Die hier vorstellten Beispiele zeigen: Demokratie ist die Basis für eine starke, tolerante und friedliche Gesellschaft, doch sie ist nicht selbstverständlich. Wissenschaft kann wichtige Erkenntnisse darüber liefern, wo die Gefahren liegen und welche Mechanismen ihnen zugrunde liegen. Die Forschung profitiert dabei von einem offenen Austausch mit der Gesellschaft, der die Arbeit der Wissenschaftler*innen bereichert und zu neuen Lösungen und Ideen führt.
Der Exzellenzcluster Contestations of the Liberal Script (SCRIPTS)
Austausch im Wissenschaftssalon: „Demokratie unter Druck“
Die Wissenschaft ist ein Rückgrat der Demokratie – auch und gerade in Zeiten eines wachsenden Populismus, von Desinformation und einer größer werdenden Kluft zwischen Zivilgesellschaft und Politik. Die Berlin University Alliance startete mit der Salonreihe #Open Space ihre Salonreihe, die zu einem breiten Austausch zwischen Akteuren aus der Berliner Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft einlädt. Zum Auftakt am 6. Mai unter der Überschrift „Demokratie unter Druck“ im Senatssaal der Humboldt-Universität diskutierten Michael Roth (Mitglied des Deutschen Bundestages), Prof’in. Dr. Heike Klüver (Professorin und Leiterin des Lehrbereichs Politisches Verhalten im Vergleich, Humboldt-Universität zu Berlin), Prof. Dr. Thorsten Faas (Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft, Freie Universität Berlin) und Julia Friedländer (Geschäftsführerin der Atlantik-Brücke) darüber, wie die Demokratie mithilfe der Wissenschaft gestärkt werden kann.
Eine starke Zivilgesellschaft trägt Konflikte produktiv aus
Prof. Dr. Swen Hutter ist Direktor des Zentrums für Zivilgesellschaftsforschung und Lichtenberg-Professor für Politische Soziologie an der Freien Universität Berlin. Im Exzellenzcluster Contestations of the Liberal Script — SCRIPTS forscht er politische Konflikte in modernen Demokratien. Hier erklärt er, wie der Wissenschaftsstandort Berlin täglich dazu beiträgt, die Demokratie zu stärken und zu bewahren.
Die liberale Demokratie lebt vom Konflikt und vom Ringen um angemessene Lösungen für die großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit. Die Zivilgesellschaft - von Protestbewegungen auf der Straße bis hin zur klassischen Vereinslandschaft - ist dabei ein zentraler Ort, an dem diese Konflikte artikuliert und ausgetragen werden. In meiner Forschung interessiert mich besonders, wie die Zivilgesellschaft gestärkt werden kann, damit Konflikte produktiv ausgetragen werden können, ohne dass starke Emotionen in Intoleranz, mangelnde Kooperation und Kompromissfähigkeit oder gar in Hassrede und Gewalt umschlagen. Im Rahmen der Berlin University Alliance setze ich mich dafür ein, dass Forschung in diesem Bereich nicht Forschung über, sondern Forschung mit und für die Gesellschaft ist. Im gemeinsamen, transdisziplinären Forschen und im gegenseitigen Wissensaustausch auf Augenhöhe liegt der Schlüssel, wie Wissenschaft einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung und Weiterentwicklung unserer Demokratie leisten kann. Lesen Sie hier weiter!
„Gesellschaft wird von uns allen gemacht“
Wie wird Solidarität verhandelt, ermöglicht oder gar verhindert? Welche solidarischen Infrastrukturen braucht sie? Und wie verändern solidarische Praktiken die Gesellschaft? Diese Forschungsfragen untersucht die von der Berlin University Alliance (BUA) geförderte Forschungsgruppe „Transforming Solidarities. Praktiken und Infrastrukturen in der Migrationsgesellschaft“. Das Projekt wird in der Grand Challenge-Initiative der BUA im Forschungsschwerpunkt Sozialer Zusammenhalt (Social Cohesion) von Forschenden aus verschiedenen Disziplinen in den drei Feldern Arbeit, Gesundheit und Wohnen gemeinsam bearbeitet.
Manuela Bojadžijev, Professorin für Migration in globaler Perspektive am Institut für Europäische Ethnologie und am Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) stellt ihre Arbeit in der Forschungsgruppe in der zweiten Folge der HU-Reihe „Die BUA und ich – Protokolle aus dem Exzellenzverbund“ vor. Hier erklärt sie, wie Solidarität mit Gesundheitsversorgung, Klimawandel und digitalen Infrastrukturen verbunden ist und was hinter dem „Kiosk der Solidarität“ steckt.
Die BUA und ich – Folge 2 mit Prof. Dr. Manuela Bojadžijev lesen
Europa vor der Wahl: Tarik Abou-Chadi untersucht das Verhalten der Wählerinnen und Wähler
Tarik Abou-Chadi ist Politikwissenschaftler an der Oxford University und forscht zur Politik in Europa. Seit Sommer 2023 ist der Professor als Einstein BUA/Oxford Visiting Fellow Gastwissenschaftler bei der Politikwissenschaftlerin Prof. Heike Klüver an der Humboldt-Universität zu Berlin und leitet dort eine eigene kleine Forschungsgruppe. Mit ihr untersucht er, wie sich die Parteipolitik in Westeuropa wandelt und wie sich die Wählerinnen und Wähler verhalten. In seiner Arbeit geht es auch um die Frage, warum sich viele enttäuschte Menschen rechtspopulistischen Parteien zuwenden, wie die etablierten Partien darauf reagieren und welche Folgen das für die politische Landschaft hat.
Das Einstein BUA/Oxford Visiting Fellowship wird von der Einstein Stiftung Berlin an herausragende Wissenschaftler*innen vergeben. Mit dem Fellowship betreuen die Spitzenforscher*innen aus Oxford drei Jahre lang eine Arbeitsgruppe in Berlin, mit der sie Themen der Grand Challenge-Initiative der BUA bearbeiten.
Ein ausführliches Portrait von Tarek Abou-Chadi und seiner Arbeit lesen
Verborgenes sichtbar machen: Geschichten zur Wissenschaftsfreiheit
Was bedeutet uns Freiheit? Welche Facetten besitzt sie? Und wie stabil und widerstandsfähig ist die Grundlage unserer Freiheit – die Demokratie – angesichts der vielen Krisen der Gegenwart? Das Wissenschaftsjahr 2024 steht unter der Überschrift „Freiheit“ und lädt Wissenschaft, Forschung, Gesellschaft, Medien und Politik dazu ein, diese Fragen intensiv zu diskutieren.
Das von der BUA aufgelegte Projekt „Verborgene Forschung“ nähert sich dem Thema auf besondere Art und Weise und erzählt mit dramaturgisch inszenierten Dialogen die Geschichten von gefährdeten und geflüchteten Wissenschaftler*innen aus der ganzen Welt. Forschende und Projekte aus den Geistes-, Sozial- und Theaterwissenschaften arbeiten dafür eng mit Performancekünstler*innen und Theaterschaffenden wie dem Regisseur Aldo Spahiu zusammen. Gemeinsam bringen sie Diskurse zur Wissenschaftsfreiheit in den Alltag der Menschen in Berlin und in den öffentlichen Raum und lassen dort Konflikte zwischen Wissenschaft und Freiheit lebendig werden. Das an der BUA angesiedelte Berlin Center for Global Engagement (BCGE) koordiniert das Projekt in enger wissenschaftlicher Zusammenarbeit mit dem BUA-Projekt Co2libri. Zudem unterstützen das Exzellenzcluster SCRIPTS und weitere Initiativen das Projekt.
Die Performances basieren auf realen Interviews mit Forschenden und zeigen, dass Wissenschaftsfreiheit immer wieder neu erkämpft werden muss – und was geschieht, wenn es diese Freiheit nicht gibt. Das Projekt richtet sich an eine breite Öffentlichkeit, aber auch an die Wissenschaftscommunity sowie die von Einschränkung und Verfolgung betroffenen Forscherinnen und Forscher, die ihre persönlichen Erfahrungen sichtbar machen können.
„Verborgene Forschung“ wird ab Juli mit Performances im öffentlichen Raum und auf wissenschaftlichen Veranstaltungen starten. Ergänzend werden Fotos, Videos und Texte auf der eingerichteten Webseite veröffentlicht. Eine zweite Reihe von Veranstaltungen wird im November umgesetzt.
Gefördert vom Bundesminsterium für Bildung und Forschung.
Ringvorlesung zur Repräsentation von Vielfalt in Demokratien
Wie kann Vielfalt in Demokratien angemessen repräsentiert werden? Diese Frage betrachtet die Ringvorlesung „It's representation, stupid?! Das Gleichheitsversprechen in modernen politischen Demokratien“ aus unterschiedlichen Perspektiven im Rahmen der Reihe „Offener Hörsaal“ an der Freien Universität. Forschende unterschiedlicher Disziplinen halten Vorträge darüber, wie sich Vielfalt politisch abbilden lässt, wie sich politische Institutionen und ihre Verfahren wandeln müssen oder welche Rolle die Sprache spielt. Außerdem finden Podiumsdiskussionen mit Vertreter*innen politischer Parteien statt.
Die Vorlesungen finden bis 3. Juli 2024 mittwochs, von 18 bis 20 Uhr statt. Veranstaltungsort ist Hörsaal A, Otto-Suhr-Institut, Ihnestraße 21, 14195 Berlin.