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Christian Richter

Wissenschaftlicher Koordinator Social Cohesion in Objective 1: Focusing on Grand Challenges

18.02.2021

Christian Richter

Christian Richter
Bildquelle: Nils Eisfeld

Die Verbundpartnerinnen der Berlin University Alliance (BUA) haben sich das Ziel gesetzt, Berlin gemeinsam als einen integrierten Forschungsraum zu gestalten, der sich in besonderer Weise der Bearbeitung gesellschaftlicher Herausforderungen von globaler Bedeutung verschreibt – den Grand Challenges. Als erste Grand Challenge Initiative wurde das Thema Social Cohesion identifiziert. Der Begriff des gesellschaftlichen Zusammenhalts liegt an der Schnittstelle geistes-, sozial-, natur- und ingenieurswissenschaftlicher Perspektiven. Seit Oktober 2020 werden sechs Forschungsprojekte gefördert, die in unterschiedlichen Disziplinen und wissenschaftlichen Einrichtungen zu den Dynamiken, Perspektiven und Grenzen dessen, was unsere Gesellschaften im Kern zusammenhält forschen.

Wissenschaftlicher Koordinator für das Themenfeld Social Cohesion ist seit dem 1. Juli 2020 Christian Richter. Zuvor war er an der TU Dresden in der Stabsstelle Internationalisierung als Koordinator tätig. Als Soziologe verbindet er nun seine Erfahrungen in der Organisationsentwicklung mit einem breiten Erfahrungshorizont im Stiftungswesen sowie in der Entwicklungszusammenarbeit und Politikberatung, die ihn an viele wissenschaftsnahe Schnittstellenbereiche in Indien, Georgien und der deutschen Forschungslandschaft geführt haben.

Herr Richter, Sie sind für das Themenfeld Social Cohesion innerhalb der Grand Challenge Initiatives zuständig. Worum geht es dabei?

Die Grand Challenge Initiatives sind der Versuch, ein neues und nach unserem Verständnis zukunftsrelevantes Themenfeld breit angelegt und auch in der Tiefe auszuloten. Das Thema des sozialen Zusammenhalts ist von stets wiederkehrender Aktualität, denn es geht um die Frage, was unsere Gesellschaft im Angesicht dauernder Veränderung im Kern zusammenhält. Wir wollen besser verstehen, wie sich unsere Gesellschaft über das verständigt, was wir als den „Klebstoff“, das Wesentliche unseres Miteinanders, verstehen. Und natürlich fragen wir danach, was diesen Zusammenhalt fördert oder verringert. Inmitten der Debatten um große technologische, naturräumliche, aber auch soziale Verschiebungen ist es unser Ziel, ein tieferes Verständnis davon zu entwickeln, inwieweit sozialer Zusammenhalt hier zu einem gelingenden Miteinander beitragen kann.

Die sechs im Main Call ausgewählten Forschungsprojekte werden seit vier Monaten gefördert. Wie unterstützen Sie sie bei ihren Vorhaben?

Wir wollen in Berlin einen vernetzten Forschungsverbund schaffen, der das Thema innovativ und international sichtbar auf die Forschungsagenda setzt. Die BUA soll Projekte ermöglichen, die durchaus risikobehaftet sind, die explorativ angelegt sind und sich auch im engen Austausch entfalten sollen. Dieses produktive Miteinander zu ermöglichen und die geförderten Projekte auf dem Weg in verstetigte Strukturen zu begleiten und damit insgesamt der zentrale Ansprechpartner der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf Seiten des Exzellenzverbunds zu sein, ist meine Aufgabe.

Sie sind Mitten in der Ausschreibungsrunde für den Main Call an Bord gekommen. Die Bewerbungsfrist war abgelaufen und die Auswahl der Projekte stand an sowie zum ersten Mal bei einem Auswahlverfahren der BUA ein Pitch der sechs finalen Projekte. Sie wurden also direkt ins kalte Wasser geworfen.

Ja, eine wirklich spannende und bewegte Zeit, aber ich kann zum Glück schwimmen.

Uns ging es darum, die erste große Forschungslinie der BUA möglichst schnell anlaufen zu lassen. Vor dem Hintergrund der Pandemie wurde also gleichzeitig die Ausschreibung und der begleitende Strukturaufbau vorangetrieben. Das bedeutete einerseits: eine Menge offener Fragen, für deren Lösungen alle an einem Strang ziehen mussten. Ich bin also für die Unterstützung durch meine Kolleginnen und Kollegen in der BUA und den Verbundeinrichtungen sehr dankbar. Andererseits haben wir dadurch wichtige Lehren und Erfahrungen gesammelt. Das erleichtert uns nun den Start nachfolgender Förderungen.

Ich habe auch Unterstützung von den Kolleginnen und Kollegen der anderen Objectives und den Mitgliedern des Steering Committes erhalten, wofür ich wirklich dankbar bin. Im ersten Förderjahr des Verbunds mussten viele Strukturen und Prozesse innerhalb des Verbunds neu geschaffen werden, wodurch wir alle vor neuen Aufgaben und Herausforderungen standen.

Die Themenfelder der sechs Projekte sind sehr vielfältig. Was hat beim Auswahlprozess überzeugt?

Die Projekte decken tatsächlich ein breites Spektrum ab: kulturelle Inklusion, Dynamiken zwischen Individuum und Gesellschaft, ein globaler Blick auf die Frage, was ein „gutes“ Zusammenleben ausmacht, aktuelle Fragen von Wohnen, Gesundheit und Ernährung, Migration bis hin zu Rechtsfragen. Die Projekte ergänzen sich aber gut in ihren Fragestellungen und ermöglichen somit eine umfassende Analyse des Themas „Sozialer Zusammenhalt“. Die Projekte haben vor allem durch ihre große Inter- und Transdisziplinarität überzeugt. Sie bringen verschiedene akademische Bereiche zusammen und kooperieren mit Akteurinnen und Akteuren außerhalb des akademischen Umfelds. Gerade dieser letzte Aspekt ist uns wichtig, wenn wir von einem gesamtgesellschaftlichen Zukunftsthema, einer „Grand Challenge“ sprechen.

Wie geht es jetzt für die ausgewählten Verbundprojekte weiter?

Für die Projekte war es durchaus holprig, der Main Call fiel ja in die Zeit der ersten Pandemiewelle, dazu die wachsenden Strukturen des Verbunds. Pläne mussten geändert werden und manchmal ging es dann doch ganz schnell. Die Projekte haben sich anschließend erst einmal gefunden, Detailfragen mussten geklärt werden. Mich hat es sehr gefreut, dass um den Jahreswechsel herum erste Aktivitäten sichtbar wurden. Nun möchten wir mit den Projekten einen gemeinsamen Kick-Off durchführen, um auch den nötigen Austausch zu ermöglichen und die Frage klären, wie sich die Projekte untereinander vernetzen aber auch innerhalb der Strukturen des Verbunds Anknüpfungspunkte und Synergien nutzen können.

Gibt es für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weitere Möglichkeiten, sich in das Themenfeld einzubringen?

Ja, die gibt es und die wollen wir auch ausbauen. Über den Call „Ox/Ber Centre for Advanced Studies“ im Rahmen der Oxford/Berlin Wissenschaftskooperation haben wir zum Beispiel eine Projektförderung mit großen Schnittmengen, die wir gern fruchtbar machen wollen.

Wir wollen auch mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Kontakt bleiben, die sich im Main Call Social Cohesion beworben haben und nicht für ein Exploration Project ausgewählt wurden. 2019 hatten wir zudem bereits einen Pre-Call, durch den 55 Projekte eine Förderung erhalten haben. Unser Ziel ist es, vielversprechende Ideen zu unterstützen, wo wir können.

Über die dreijährige Laufzeit der Exploration Projects möchten wir weitere Verknüpfungen zum Thema Social Cohesion identifizieren, etwa im näheren Austausch mit den Aktivitäten der anderen Schwerpunktbereiche und Querschnittsthemen der BUA. Darüber hinaus suchen wir das Gespräch mit anderen Forschungsverbünden in anderen Zusammenhängen, etwa dem Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ).

Was ist für Sie das Besondere an der Berlin University Alliance?

Das Reizvolle am Verbund ist der Versuch, quer über alle vier Häuser Forschung zu betreiben und diese eng mit den Schwerpunkten des Verbunds zu verknüpfen. Hier hat das Gemeinschaftsprojekt im Antrag viele interessante und mutige Pläne vorgezeichnet. Da liegt viel Potenzial und ich finde es eine spannende Herausforderung, dafür die nötigen Strukturen mitzuentwickeln. Ein weites Feld für neue Ideen. Und man lernt unheimlich interessante Menschen und Projekte kennen, da wird es nie monoton.

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