Springe direkt zu Inhalt

(De-)Konstruktion von Klasse durch Mode im Hip-Hop

Tabea Marte

Mode spielt im Hip-Hop eine zentrale Rolle bei der Inszenierung eines sozialen und ökonomischen Aufstiegs. In Rap-Texten und den dazugehörigen Musikvideos werden häufig Modemarken wie Gucci, Louis Vuitton und Balenciaga erwähnt und gezeigt, um den eigenen qualitativen und künstlerischen Wert zu betonen und vor allem den gesellschaftlichen Aufstieg trotz Widrigkeiten wie Klassismus, Rassismus und Sexismus zu verkörpern. Historisch war Mode ein Privileg der oberen Klasse, da diese die Ressourcen und Freiheit hatte, Kleidung nicht nur funktional, sondern auch als Kunst und Selbstinszenierung zu betrachten. Mode diente zudem dazu klare Unterschiede zu den unteren Schichten aufrechtzuerhalten, was durch schnelllebige Trends sowie das Wissen und die Intellektualisierung exklusiver Brands verstärkt wurde, da dadurch das „Trickle-Down“-Prinzip, bei dem modische Trends von oben nach unten wandern, nur begrenzt haltbar gemacht werden konnte. Im Hip-Hop kam es jedoch zu einer Gegenbewegung, in der die klare Nennung von Marken in Texten und deren Bebilderung in Musikvideos oder Social Media Posts zu einem Wissensaustausch führten, der zuvor nicht in diesem Ausmaß existierte. Dieser Austausch bleibt allerdings oft oberflächlich, da das kulturelle Kapital und die Bedeutung hinter den Modemarken selten beleuchtet werden. Die Entstehung von Hip-Hop-Szenen trug zudem dazu bei, dass das „Mode von unten“-System die Bedeutung von Klasse zu lösen schien, da die modischen Codes innerhalb der Szene einen eigenen Stolz und ein eigenes Identitätsgefühl schufen. Dies führte jedoch nicht zu einer vollständigen Abwendung des „Trickle-Down“-Systems, sondern erschuf vielmehr mehrere Systeme, die innerhalb der Szenen erneut eine Abgrenzung zwischen ökonomischen Schichten bewirken. Die „Mode von unten“, die zunächst in den unteren Schichten entstand, wurde zudem von den oberen Schichten adaptiert und professionalisiert, wodurch der Zugang zu den zunächst „eigenen“ Codes erneut eingeschränkt wurde und nur für diejenigen zugänglich gemacht wurde, die innerhalb ihrer Szene oder darüber hinaus einen sozialen Aufstieg erreicht hatten. Insgesamt bleibt die Mode im Hip-Hop ein Instrument zur Inszenierung von Klasse und sozialem Status, welches sowohl die Konstruktion von Klassenunterschieden durch Marken als auch die Bildung verschiedener sozialer Schichten innerhalb der Hip-Hop-Kultur widerspiegelt.